Susann & Lara
Lara & Susann: Gemeinsam aufs Gymnasium, zum Abitur und bis nach Mexiko
Als Lara El Sayed die sechste Klasse besuchte, lernte sie ihre Patin Susann Erdmann kennen. Seitdem sind viele Jahre vergangen. Lara meisterte den Übergang auf die Weiterführende Schule, das Abitur und die Bewerbung für ein Auslandsjahr in Mexiko. Auf dem Weg sind die beiden zu guten Freundinnen geworden.
„Am Anfang unserer Patenschaft hat Susann mir dabei geholfen, Normalität in mein Leben zu bringen, als ich eine schwere Zeit hatte“, sagt Lara. „Endlich konnte ich mich wieder wie ein Kind fühlen.“ Die beiden haben sich über den Schülerpaten Berlin e.V. kennengelernt. Nach einem gründlichen Matching-Verfahren hat die Initiative die beiden einander vorgestellt. Damals stand für Lara der Übergang auf die weiterführende Schule bevor, sie besuchte die sechste Klasse. „Bei unserem ersten Treffen waren wir beide aufgeregt“, erzählt Susann. „Ich habe die Hausnummer nicht gefunden und kam zu spät. Lara war auch total nervös und hat immer aus dem Fenster geguckt und mich angerufen.“ Es war das erste von vielen wöchentlichen Verabredungen der beiden. Mit dem Ziel, dass Lara ein gutes Übergangszeugnis erhält, begannen die beiden ihre Treffen stets mit Schulaufgaben. In Mathematik ist Lara besonders begabt, in Deutsch und Englisch brauchte sie damals noch Unterstützung.
Von Anfang an merkten Patenkind Lara und Patin Susann, dass sie nicht nur die Nachhilfe verbindet. „Die Patenschaft hat sich schnell zu einer Freundschaft entwickelt“, erzählt Lara. Das begann schon, als Susann am Anfang der Patenschaft für Lara da war, als diese einen besonders wichtigen Tag hatte. An diesem Stand die Einschulung in der Oberschule an. Es war ein Schritt, auf den Lara und Susann gemeinsam hingearbeitet hatten. Nun gingen sie ihn gemeinsam. „Lara war sehr aufgeregt, aber wir hatten einen wunderschöner Tag. Es gab damals eine festliche Begrüßung in der Aula. Dann wurden die Schüler:innen auf die Klassen verteilt. Ich wartete für längere Zeit auf dem Hof, bis sie wiedergekommen ist“, erzählt Susann. „Es war ein aufregender Tag für mich. So war ich sehr froh, dass Susann dabei war“, sagt Lara. Viele Jahre später war Susann dann auch bei Laras Abiball zu Gast: „Susann hat mich in die Schule hinein und heraus begleitet.“
„Die Treffen haben sich nie wie eine Verpflichtung angefühlt“
„Wir sind uns in vielen Dingen sehr ähnlich“, sagt Susann. „Lara hat mich oft an mich selbst erinnert, als ich dem Alter war. Wir begeistern uns für die gleichen Sachen: Wir lieben Kochen und Backen, bereiten oft Kürbissuppe und Apple Crumble zu und backen zu Weihnachten immer Plätzchen mit Laras Geschwistern. Auch andere gemeinsame Unternehmungen haben immer Spaß gemacht.“ Diese planten die beiden von Anfang an regelmäßig.
Am präsentesten ist ihnen unter anderem ein Ausflug in ein Gruselkabinett. „Ich habe Lara davon erzählt und es ist sofort auf ihre Begeisterung gestoßen“, sagt Susann. Sie selbst hatte sich schrecklich gefürchtet – am Ende besuchten sie das Kabinett jedoch sogar erneut. „Beim zweiten Mal wartete ich allerdings draußen und Lara ging mit einer Freundin von mir nach innen“, erzählt Susann lächelnd. „Ich erzähle das, um zu verdeutlichen: Die Treffen haben sich nie wie eine Verpflichtung angefühlt“, fügt sie hinzu. „Stattdessen habe ich immer gesagt: Cool, ich treffe mich mich Lara. Wir hatten immer ähnliche Ideen. Je älter sie geworden ist, desto normaler wurde unser Verhältnis.“
„Die Patenschaft ist keine Einbahnstraße“
Es ist eine besondere, andere Art der Freundschaft, die Lara und Susann teilen. „Wir haben noch immer eine unterstützende Beziehung“, sagt Susann. „Lara hilft mir emotional, so wie ich ihr helfe. Sie weiß Dinge von mir, die andere Personen nicht wissen. Ich habe ihr schon oft Dinge erzählt und wusste, dass sie das aushalten kann. Lara ist extrem emphatisch. Ich habe selten jemanden getroffen, der so schnell erfasst, wie es einem geht und welche Gefühle einen beschäftigen. Das ist mir schon aufgefallen, als Lara noch ein kleines Kind war.“ Lara nickt, fügt hinzu: „Susann hat mich in sehr jungen Jahren kennengelernt. Sie weiß, wie ich ticke und hat meine Entwicklung mitbekommen. Sie war in einer Lebensphase bei mir, die sehr schwer für mich war. Dafür schätze ich sie sehr. Sie begleitete mich durch Höhen und Tiefen – und mittlerweile eben auch über die Schule hinaus.“
Susann konnte von der Patenschaft mit Lara nicht nur auf emotionaler, sondern auch auf fachlicher Ebene profitieren. „Laras Sicht auf die Welt der Schule hilft mir dabei, bewusster mit meiner Rolle als Lehrerin umzugehen. Hier zeigt sich erneut: Die Patenschaft ist keine Einbahnstraße“, sagt Susann. „Ich habe dadurch ein besseres Verständnis dafür entwickelt, was Schüler:innen an Lehrer:innen gut oder schlecht finden. Als wir uns kennengelernt haben, war ich noch Bachelorstudentin. Ihre Perspektive hat mir geholfen, mein Referendariat zu meistern.“ Außerdem sei Lara ihre Verbindung zur Jugendkultur: „Ich beeindrucke meine Klasse und Kolleg:innen oft damit, dass ich dank Lara alles über Instagram, TikTok und Co. weiß.“ Nicht nur deshalb sei es bereichernd, Freunde verschiedenen Alters zu haben: „Es ist extrem interessant, mich mit Menschen auszutauschen, die jünger oder älter sind, als ich. Ich muss oft darüber nachdenken, wie ich in Laras Alter über wichtige Fragen gedacht habe, die Lara heute beschäftigen.“
„Seit ich in Mexico bin, telefonieren wir etwa einmal in der Woche“
Vor dem Abitur benötigte Lara bereits keine Nachhilfe mehr, schaffte gute Noten auch alleine. Die beiden trafen sich jedoch weiterhin sehr oft, tauschten sich über alles aus, das sie beschäftigte. „An allem, was vor dem Abitur war, hatte Susann einen großen Anteil“, sagt Lara. Nach dem Abschluss stand damals bereits die nächste große Probe für Lara bevor: Sie wollte unbedingt ins Ausland gehen. Susann half ihr dabei, sich für einen Platz für einen Freiwilligendienst in Mexiko zu bewerben – und sich auf die Zeit im Ausland vorzubereiten. „Ohne sie hätte ich es vielleicht nicht geschafft, nach Mexiko zu gehen. Der Bewerbungsprozess war extrem fordernd. Sie hat mir bei der Strukturierung geholfen“, sagt Lara. Das ging sogar so weit, dass die beiden zur Probe gemeinsam mexikanische Gerichte kochten.
Nun ist Lara schon seit einigen Monaten in Mexiko. An der Freundschaft der beiden hat seither nichts verändert. „Seit ich in Mexiko bin, telefonieren wir etwa einmal in der Woche. Auch hier unterstützt sie mich emotional sehr. Ich schieße immer sofort los und erzähle, was in den vergangenen Tagen passiert ist. Ich kann mit ihr auf eine andere Art über Themen sprechen, die mich bewegen, als zum Beispiel mit Familienmitgliedern“, sagt Lara.
Dass Lara mittlerweile perfektes Spanisch gelernt hat, soll ihr unter anderem bei ihrem zukünftigen Job in der Kommunikationsbranche zugutekommen. Sie hat schon einen genauen Plan für diese Zeit und wurde für ein Duales Studium der Kommunikation und PR angenommen. Danach möchte sie möglicherweise eine Filmschule in Dänemark besuchen. „Ich freue mich sehr darauf, zurückzukommen – und vor allem auf die Uni. Endlich kann ich die Dinge lernen, die mich wirklich interessieren“, sagt Lara. „Und ich freue mich darauf, dass Lara zurückkommt“, fügt Susann hinzu. „Das Meiste wird so sein, wie vorher – außer, dass wir in Zukunft außer Kürbissuppe und Apple Crumble auch häufiger Mexikanisch kochen können.“ „Jetzt weiß ich allerdings: Mexikanisches Essen schmeckt völlig anders, als das, was wir gekocht haben“, sagt Lara und grinst.